Über zwei Einrichtungen der analogen Personensuche gab es zuletzt Nachrichten: Zum einen wurde auf
H-SOZ-U-KULT ein Posten zur Erforschung des Suchdienst des Roten Kreuz ausgeschrieben, zum anderen berichtet die
FR heute über die serbische Fernsehsendung
Potraga (Suche), die sich mit der Suche nach Vermissten beschäftigt.
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Communication - Mi, 5. Aug. 2009, 09:09
So eine Durchsicht einer Zeitung bringt zumeist auch unerwartete (bzw. eigentlich durchaus kalkulierte) Zufallstreffer; dank eines Fundes in der Prager Oberpostamtszeitung kann ich nun also verkünden, dass die Frage der Datierung des Wiener Schildregisters geklärt ist. Dabei handelt es sich um ein alphabetisch geordnetes Verzeichnis der Wiener Hausschilder, mit den dazugehörigen Konskriptionsnummern, in der Form:
A.B.C., z. gold. Rauhensteingasse n. 972. in d. Stadt
A.B.C., z. gold. Hauptstrasse. n. 57. Altlerchenfeld
Der Katalog der Wienbibliothek verzeichnet dieses Werk mit [vor 1795], weil die darin abgedruckten Konskriptionsnummern in der Periode 1770-1795 gültig waren; Gugitz wiederum datiert es mit 1780. Eine Annonce in der Prager Oberpostamtszeitung verschafft nun Klarheit: Demnach wurde das Werk im März 1795 in der Schönfeldschen Buchhandlung zum Verkauf angeboten, mit der Angabe Wien u. Prag, 8. 795 15 kr. Pech also für den anonymen Verfasser, dass die Nummern im Erscheinungsjahr noch geändert wurden; der unpaginierte Vorbericht ist übrigens durchaus lesenswert:
Vorbericht
Wien, das von Tag zu Tag größer wird, hat izt wirklich schon 80 Adlerschilde, 60 Bäumschilde, 30 Bären- und 100 Bauernschilde. - Wer kann das sogleich wissen, wo die alle stecken, und wie kann es der Briefträger erfahren, wo er den Brief abzugeben hat, wenn man ihm nicht gerade die Gasse oder den Plaz, wo der Schild ist, dazu gesezt hat.
Um also alle Zweifel zu beheben, und Jedermann, der sich oft in der Noth findet, ein Haus sogleich zu finden, einen Dienst zu thun, hat man dieses Schildregister mit vieler Genauigkeit zusammen getragen, und alle Schilder in eine alphabetische Ordnung gebracht, so zwar, daß Jedermann, der da einen Schild suchet, nur unter dem Buchstaben wo der Schild damit anfangt nachschlagen darf, er wird sogleich alle mögliche Befriedigung erhalten, und finden was er sucht.
Selbst Fremden, welche entfernt von Wien wohnen, muß dieses Register willkommen seyn, weil diese ihre Aufschrift auf den Brief desto verläßlicher machen können, wenn Sie den Grund, den Platz, die Strasse und Hausnummer so richtig und verläßig vor sich haben.
Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Oberpostamtszeitung, Beilage, 22.Stück, 17.3.1795, S. 192.
Archiv hlavního města Prahy, ohne Signatur
Wiener Schildregister, oder Anweisung, wie man sich auf der Stelle helfen kann, wenn man in Wien den Schild eines Hauses oder eines Kaufmannsgewölbes in und vor der Stadt suchen, und ihn finden will. Wien: Verlag der Expedition des Wienerjournals, o.J., [1795].
Wienbibliothek, Signatur 11498 A
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Communication - Sa, 4. Jul. 2009, 20:45
Es ist ein Polizeikommissär, der 1793 folgende Annonce in der Prager Oberpostamtszeitung veröffentlichen läßt:
Nachricht. [Absatz] Aufgemuntert durch mehrere prager Herren Bürger hält sich es Unterzeichneter zur angenehmsten Pflicht, ein dem heurigen Schematismo ähnliches Verzeichniß aller Plätze, Strassen, Häuser, nebst Herren Inhabern, Schildern und Numern zur allgemeinen Bequemlichkeit und Nutzen wieder für den Schematismus des bevorstehenden 794. Jahrs zusammenzutragen; da sich aber zwar wider meinen Willen in jenem des heurigen Jahrs einige Unrichtigkeiten ergaben, denen ich, so gerne ich auch immer gewollt hätte, unmöglich ausweichen konnte, wodurch zu mehreren Unannehmlichkeiten Anlaß gegeben wurde. So glaube ich nicht zu fehlen, wenn ich alle Herren Herren Hausinhabere oder sonstige Besitzere anmit ergebenst bitte, zur künftigen genauern Verläßlichkeit Dero Vor- und Zunamen, Nro. des Hauses und Stadtviertels auf ein kleines Zettelchen aufgezeichnet, binnen 30 Tagen vom heutigen Dato in meine Behausung auf die Altstadt in die Zeltnergasse zum rothen Adler Nro. 58. im 1ten Stock zu jeder Stunde gütigst zu überschicken, und da es denen kleinseitner und hradschiner Herren Besitzern vielleicht zu beschwerlich wäre, bis auf die Altstadt zu schicken, so ersuche ich die Zettelchen nur auf die kleinseitner k. Polizeiwache im Rathause gefälligst zu übergeben, für welche Bemühung ich Denenselben anmit den innigsten Dank sage.
Prag am 16ten Sept. 1793
Phil. Heimbacher, Polizeikom.
Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Oberpostamtszeitung, 76.Stück, 21.9.1793, Intelligenznachrichten, S.630
Archiv hlavního města Prahy, ohne Signatur
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Communication - Do, 2. Jul. 2009, 20:14
Februar und März 1794 befindet sich der aus Mailand gebürtige Kaetano Pecci (Pezzi) in Prag, und stellt im Schönfeldschen Haus sein Wachsfigurenkabinett aus. Welche Figuren dort zu sehen sind und wieviel der Eintritt kostet, preist folgende Annonce in der Beilage zur Prager Oberpostamtszeitung an:
Ankündigung.
Mit hoher Bewilligung wird Kaetano Pezzi, der an den meisten Höfen und Hauptstädten Europäns mit seinem aus 20 hier noch nie gesehenen, ganz nach dem Leben bearbeiteten Wachsfiguren bestehenden Kunstkabinete sich den größten Beyfall erworben, die Ehre haben, dem hiesigen Publicum sein sehenswürdiges Kunstkabinet zu empfehlen. Diese der Natur ähnlichen Figuren äußern einen allgemeinen Begriff des Karakters, der Kleidung und des Alters; welche Folgende sind:
Die k.k. österr. Familie. Se. k. Hohh der Palatinus. Wailand Se. Maj. Joseph der Zweyte. Se. k. Maj Wilhelm, der itzt regierende König von Preußen. Se. k. M. König von Neapel. Se. Durchl. Prinz von Koburg. Friedrich der Große. G.F.M. Laudon. Selim der Dritte, regierender Sultan nebst seiner Sultaninn. Das Portrait des Verfassers. Diogenes. Seneka. Das alte Weib aus Palermo in Sizilien, die bei 3000 Menschen vergiftet hat, nebst andern schönen bedeutenden Figuren.
Dieses Kabinet wird eröffnet von früh 8 bis 12 Uhr, Nachmittags von 2 bis 10 Uhr, Standespersonen zahlen nach Belieben. Man zahlt beim Eintritte 7 kr. Kinder und Dienstbothen 3 kr.
Der Schauplatz ist im von Schönfeldschen Hause, in der Jesuitengasse Nro. 492. im Eingange.
Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Oberpostamtszeitung, Beilage, 12.Stück, 10.2.1795, S.99
Archiv hlavního města Prahy, ohne Signatur
In einer späteren Annonce verkündet Pecci, dann noch, dass
zugleich der berüchtigte polnische General Kosziusko in seiner Lebensgröße und Tracht vorgezeigt wird (18.Stück, 2.3.1795, S.152); Pecci ist jedenfalls zufrieden, wie er in seiner letzten Annonce zu erkennen gibt:
Er schmeichelt sich eines zahlreichen Zuspruchs. (20.Stück, 10.3.1795, S.172)
Übrigens: Das Schönfeldsche Haus existiert noch heute (Karlova 12/Stare Město 184); über dem Eingang findet sich die Werbung für ein Marionettentheater und -museum, die dort untergebracht waren (Korrektur 3.7.2009: Das Marionettentheater ist immer noch dort untergebracht):

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Communication - Di, 30. Jun. 2009, 20:01
Wie bekommt man anno 1774 die Daten für ein - im übrigen sehr beeindruckendes und mit Registern für Straßennamen, Hausschildern und Namen der HausinhaberInnen versehenes - Adressbuch zusammen? Der Buchdrucker und Verleger Johann Ferdinand v. Schönfeld berichtet:
Ich hatte zu rechter Zeit durch eine nicht nur an allen Ecken der Strassen und andern öffentlichen Orten angeheftete, sondern auch fast in allen Häusern, besonders in allen Handlungs- und Handerwerks-Gewölben und Boutiquen, tc. ausgetheilte Nachricht das Vorhaben und den Hauptplan des gegenwärtigen Werkchens auf eine solche einleuchtende Weise bekannt gemacht, daß jederman von meinem Vorhaben und Verlangen deutlich und hinlänglich unterrichtet worden ist. Ich machte dahero auch die sicherste Rechnung, daß niemand mit den verlangten, und in dem gedruckten Avertissement umständlich und in einigen Beyspielen oder Mustern deutlich beschriebenen Anzeigen, seines Gewerbes, seiner Waaren, Nahrung, tc. seines Vor- und Zunamens, seiner Wohnung tc. ausbleiben würde; daß es gleichwohl wider mein Vermuthen geschehen ist, davon lag die Schuld zum wenigsten nicht an mir.
Beschreibung der königlichen Hauptstadt Prag welche hauptsächlich ein ausführliches Verzeichniß aller Plätze, Straßen und Häuser, samt Anzeige ihrer Inhaber, Schilde und Numern (...) enthält. Prag: Schönfeld, 1774, Vorrede, unpaginiert.
NKP, Signatur: 65 E 2628
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Communication - Mo, 29. Jun. 2009, 19:17
Dass nicht nur in der DDR, sondern auch in der BRD fleißig Postzensur und Telefonüberwachung betrieben wurden, geht aus einem unlängst in der ZfG (5/2009, 413-426) veröffentlichten Aufsatz von Josef Foschepoth hervor;
Telepolis veröffentlicht ein Interview mit ihm.
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Communication - Fr, 5. Jun. 2009, 09:03
Nun von Matthias Pohlig auf
H-SOZ-U-KULT rezensiert: Der von Arndt Brendecke, Markus Friedrich und Susanne Friedrich herausgegebene Band
Information in der Frühen Neuzeit.
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Communication - Sa, 25. Apr. 2009, 13:22
In den letzten Tagen habe ich mich mit den Wiener Lekturkabinetten beschäftigt, vor allem mit dem von Jakob Bianchi 1772 eingerichteten, das 1776 von Karl von Zahlheim übernommen wurde. Nach einer gedruckten Ankündigung konnte dort wer wollte, Kaffee, Chokolat, Gefrornes, oder andere Erfrischungen beim Aufwärter bestellen, weiters standen Dinte, Feder und Papier zur Vefügung; die Besucher (und Besucherinnen?) sollten nicht humsen, nicht lärmen, den Hut nicht aufsetzen, noch andere Unanständigkeiten begehen (102).
Nicht ganz korrekt einschätzen kann ich folgenden Satz:
IV. [Absatz] Alletag, nach Ankunft der Post, wird ein Zettel im Cabinet angeheftet, was an diesem Tage an Neuigkeiten vorhanden ist. (104)
Heißt das nun, dass Neuigkeiten im Sinne von politischen Nachrichten quasi in damaliger Echtzeit dem Pubikum an die Wand geheftet wurden? Oder aber, dass auf diese Weise die Titel neu eingelangter Bücher und Journale verkündet wurden?
Interessant übrigens auch, dass das Lekturkabinet beabsichtigte, mit der erst ein paar Jahre zuvor gegründeten Wiener Stadtpost zu kooperieren:
Wäre ein oder der andere Abonnent irgend geneigt, etwas über das Gewöhnliche zu bezahlen, um, mit Schonung seiner Leute, zu eigenen Stunden, in seinem Hause bedient zu werden, so wird das hiesige privilegirte kleine Postamt, gegen eine sehr mäßige Vergütung die Sorge auf sich nehmen, und jedermann auf das allergenaueste bedienen. (104)
Einrichtung des neuen LecturCabinets zu Wien im Jahr 1776, Wien 1776, zit. nach dem Faksimile bei Jesinger, Alois: Wiener Lekturkabinette. Wien: Berthold & Stempel, 1928.
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Communication - So, 19. Apr. 2009, 10:39
Über einen Unfall mit einem Aufzug im Gebäude des Hofkriegsrats (das im übrigen bis wenige Jahre zuvor dem dann aufgehobenen Jesuitenorden gehörte) berichtet die Brünner Zeitung unter der Angabe
Wien, 3.2.1778 folgendes:
In dem Gebäude zur K.K. Kriegskanzley ist bekanntermaßen eine Maschine angebracht, vermittelst welcher man diejenigen, denen das Gehen über die Treppe zu beschwerlich fällt, in alle Stockwerke hinaufziehen kann. Dieser Maschine wegen ist in jedem Stock eine Oeffnung, wodurch man zu derselben eintreten kann. Letzthin versahs einer von den Kaminfegern, die zu Nacht die Wache daselbst haben. Er kam im Dunkeln unversehens an diese Oeffnung, und fiel vom dritten Stock auf diese Maschine hinab, wo er sich wegen des schweren Falles den Kopf an einem sehr dicken an der Maschine befindlichen Balcken, der zur Sperrung derselben dient, stark zerschmetterte. Er wurde wegen der schweren Verletzungen zwar für todt aufgehoben; allein er erholte sich nach der Zeit wieder. Am 31 vorigen ward er trepanirt, und man hofft, ihn beym Leben zu erhalten.
Apropos Trepanation: Vor einiger Zeit brachte der Sumpf ja was zur Selbst-Trepanation, also zu Menschen, die sich freiwillig ein Loch in den Schädel bohren; ich hab' auf Anhieb mal einen Bericht der
Zeit dazu gefunden.
Brünner Zeitung Der kaiserl. königl. privileg. Mährischen Lehenbank, Nr.11, 8.2.1778.
Moravská Zemská Knihovna, Signatur: Nov. 9.058/1778
Seltsamerweise scheint das Wienerische Diarium nichts darüber berichtet zu haben (siehe zumindest die Ausgaben von
4.2.1778,
7.2.1778 und
11.2.1778); sonst ist ja in Sachen Aufzug auf das schöne Buch von Andres Bernard hinzuweisen:
Bernard, Andreas: Die Geschichte des Fahrstuhls. Über einen beweglichen Ort der Moderne. Frankfurt am Main: Fischer 17348, 2006.
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Communication - Di, 7. Apr. 2009, 09:51